Am Wochenende hatte ich mit meinem Chor ein Adventskonzert, bei dem ich bei kleinen Stücken auch Solo gesungen habe. Bei den Proben merkte ich manchmal, dass es doch recht anstrengend ist, gleichzeitig im Chor und Solostücke zu singen. Ich wollte den Chor aber nicht hängen lassen, und probte immer alles mit. Die Stimme machte das meist ganz gut mit, aber nach einer dreistündigen Generalprobe in einer 12 Grad kalten Kirche – man konnte seine „Atemwölkchen“ sehen – war ich schon ziemlich geschafft. Dann am Tag danach 1,5 Stunden Anspielprobe, nochmal das ganze Stück durchsingen, bis schon die ersten Zuschauer kamen. Eine halbe Stunde Pause, dann Konzert.
Bei meinem ersten Solostück blieb mir dann einfach die Stimme weg. Es war zu kalt und ich war anscheinend abgesungen. Was für ein Schock, zumal ich mich sonst immer auf meine Stimme verlassen kann.
Ein Anlauf, ein zweiter, und erst beim dritten Anlauf kam die Stimme einigermaßen. Im Laufe des Konzerts ging es mehr oder weniger, aber nicht wie ich es normalerweise kann.
Ich war sehr traurig, dass ich dem Chor, dem Chorleiter und den Zuschauern nicht das geben konnte, was eigentlich möglich ist – meine Stimme und Freude an der Musik.
Da zeigte sich mir dann, warum man manchmal als Sängerin eine „Diva“ sein muss, was eigentlich nichts anderes heißt, als dass man für sich und seine Stimme gut sorgen muss! Und warum Solisten (in den allermeisten Fällen) nicht gleichzeitig im Chor und solistisch singen.
Tatsächlich habe ich im Nachhinein trotzdem viele positive Reaktionen vom Publikum und den Chorkollegen bekommen. Vielen Dank!
In den letzten 3 Jahren, in denen ich jetzt regelmäßig solistisch auftrete, und in denen ich nie so einen Aussetzer hatte und abgesungen war, wie bei diesem Chorkonzert, war nie eine Journalistin da gewesen. Und ich hätte bei diesem Konzert auch gerne auf sie verzichten können ;-)
Aber sie war da und hat dann eine „nicht so nette“ Kritik geschrieben, die mich sehr runterzieht, zumal ich ja mit meiner Leistung auch nicht zufrieden war.
Ich fühle mich wie eine Schülerin, die eine schlechte Leistung gebracht hat, und dann vor allen Leuten (den Lesern) auseinander genommen wird.
Vielleicht könnt Ihr liebe Leser- und Leserinnen mir helfen?
Wie geht man damit um? Sind die positiven Meinungen des Publikums dann falsch oder weniger wert? Wie könnte „hilfreiche“ respektvolle Kritik der Presse für uns Künstler aussehen?
Ich würde mich sehr über hilfreiche Ideen, nette Worte oder auch Geschichten, wie Ihr damit umgeht, freuen.
In diesem Sinne wünsche ich allen eine schöne Adventszeit, Freude an der Musik und Konzerten, die uns die so nötige Auszeit vom Alltag bieten.
Liebe Grüße, Eure Kirstin
Liebe Kirstin,
als allererstes: Da gibt es wohl ein Missverständnis: Genau hinschauen hilft, zum Beispiel: Was macht wirklich eine Diva aus? - Niemand ist "eine Diva", wenn er (m/w/d) angemessen auf sich achtgibt. "Diva" ist, wer auf andere herabschaut, wer sich für etwas besseres hält. "Ich kann heute nicht im Chor singen, damit ich für unseren gemeinsamen Erfolg fit bin - die Aufgabe einer Solistin hat andere Anforderungen als die Aufgabe des Chores, und ich verhalte mich dieser Aufgabe angemessen" ist eine völlig andere Geschichte als "ich singe heute nicht im Chor, denn ich bin etwas Besseres". Auch wenn es für den oberflächlichen Beobachter kaum zu unterscheiden ist. Du hast versucht, alles für einen guten Auftritt zu tun, indem Du (selbst)…